Nachklang

6. April 2008    Luminale

   

     

 
 

 
 

 
 

 
 

 
 

 
 

 
 

 
 

 
 

 
 

 

Ich bin die Flamme
die am meisten schlägt
weit in die Nacht hinein
am Außenrand des Feuers
wo der Wind noch höher
schlägt und peitscht die Glut
ins Dunkel und nach oben
stieb ich meine Funken
sie lodern hell die Nacht
doch selber bin ich Asche ganz
nie Flamme in der Mitte
die mir ganz verwehrt
als Asche nur
weht mich der Wind zu ihr
ich glüh und sterb am Außenrand
ich bin die Hüterin der Schwelle

 
 

 
 

 
 

 

Fotos von Karl-Heinz Schleis Bacharach :

 

 

 

 

 

 

 

 

   

 

   

 

   

 

   

 

 

 

   

 

   

 

 

 

obige Fotos :

 

     von Karl-Heinz Schleis Bacharach

 

   

 

Heine-Text auf Fels

 

Heine Text auf Glas

 

obige zwei Fotos von : 

  

      Kerstin Jeckel  / Karl-Martin Hartmann

 
 

 

Die weiße Flamme

 

 

 

 

Komm mit mir. Wir suchen die weiße Flamme. Ich weiß auch nicht, wo sie ist. Aber ich werde nicht eher ruhen, bis ich sie gefunden habe. Ich muß sie finden. Komm mit mir.

 

Niemand weiß, wo sie ist. Niemand weiß, wo sie zu suchen. Vielleicht kann man sie auch nicht sehen. Aber man weiß, wenn sie da ist, wenn sie brennt. Vielleicht ist man in ihr, wenn sie brennt. Vielleicht ist man ihr Schatten dann oder ihre Flamme. Oder ein Funke nur von ihr. Oder ihre Asche nur.

 

In ihr leuchtet die Welt anders, das weiß ich. In ihr ist Leben wie noch nie gekannt. Eine Helle, von der man nicht einmal geträumt.  Sie fegt alle Schatten hinweg, allen Staub. In ihr ist Zeit zeitlos.

 

Daher meinen viele, sie sei unsichtbar. Aber immer da. Immer erreichbar, wenn man nur....ja wenn man nur sich öffne, läutere zu ihr hin. Ablege alle Verblendungen, Täuschungen, falsche Brechungen.

 

Sie sei ein Licht, das in allen Dingen sei. Wenn man nur falschen Schein und Äußerlichkeiten nur aufbreche zu einem Anfang, der uns verloren, den wir nicht mehr kennen. Aber das Leben ist die Chance, der Weg zu diesem Anfang wieder hin.

 

Der Tod sei nur das Verlöschen dieses Wegs, auf Erde sie zu finden dann die weiße Flamme, die nicht auf Erden nur brennt, aber in unserem Leben nur dort uns erreichbar, auffindbar.

 

Früher suchte man in Tempel sie als immer brennende Flamme, heiliges Licht, das von Vestalinnen behütet, bewacht. Andere wähnten sie in tiefen geheimen Höhlen, wo ein heiliges Öl sie immer am Leben erhellt, die die ganze Höhle dann phosphorisiert.  Auf hohen Schneegipfeln suchte man sie wie auf unerreichbaren Inseln.

 

Der letzte Funke von Atlantis sei sie.

 

Sie sei das Feuer, das ein Einhorn oder ein weißer Drache spuckt.

 

Doch es ist kaum zu vermuten, daß sie so ortbar ist. Das würde ihre Weite und Macht einschränken nur. Solche Orte, punktuell lokalisiert, wenn auch noch so geheimnisvoll und heilig, dienen wohl nur der eigenen Anschaulichkeit und der symbolischen Suche.

 

Viele glaubten, daß sie in der Schönheit nur leuchtet. Und sie suchten die Schönheit, die aber oft allzu schnell sich verflüchtigte, zerfiel.

 

Doch der Torso der Venus spiegelt die weiße Flamme vielleicht doch.

 

Andere suchten ihr Leuchten in der Blauen Blume oder in weißer einsamer Stille, andere dachten gar, sie sei der leuchtende Stein , das zu findende Gold der Alchemie.

 

Aber alle Wege, Romantik, Magie, Alchemie waren nur ein Tasten nach ihr so wie man eine weiße Distel, eine weiße Schlange oder einen kleinen weißen Kieselstein vom Grunde des Flusses anzufassen versucht.

 

Nichts hielt man auf Dauer in den Händen so wie weißer Schnee einfach zerschmilzt zwischen den Fingern.

 

Aus der Romantik wurde touristischer Humbug und Weltkulturerbe  dann.

 

Die weiße Flamme, man kann ihr nicht nachlaufen, sie nicht ansteuern. Sie ist nicht zu buchen. Keine Navigation führt zu ihr. Keine Rezepte, keine Ästhetiken, keine Pläne , Atlanten, noch Karten.

 

Sie ist einfach da, wenn sie da ist.

 

Wissenschaften und Methoden finden so nicht zu ihr.

 

Sie schenkt sich.

 

Nicht wir zünden sie an.

 

Sie uns.

 

Sie ist das Licht, das uns das Dunkel all unserer Nächte nimmt.

 

Unsere Ängste sind einfach weg.

 

Unsere Erstickungen auch.

 

Die weiße Flamme ist da, wenn wir einen Atem spüren, der duch alle Dinge geht, uns aufschließt die Finsternis, wir ganz uns selbst sind und doch gerade darin die Grenzen überschreiten.

 

Wenn aufeinmal keine Kälte mehr ist,  keine Isolation, Enge sich verflüchtigt, Weite sich uns schenkt, Horizont uns alles wird eines Himmels, den wir vorher so nicht gesehen.

 

Ein unsichtbarer brennender Tanz so ist die weiße Flamme, die uns durchdringt, bewegt, beschwingt dann ganz und in der wir Schritt für Schritt oder Sprung für Sprung uns der Erde dann unbeschwert wieder nähern, die uns Gras und Boden, Halt und Heimat neu dann ist.

 

Unsere Adern werden Reben, in denen die weiße Flamme gärt zu einem Feuerwein voll Phantasie und doch glasklarer konturreicher hellsichtiger Wahrnehmung.

 

 

Komm mit mir. Wir suchen die weiße Flamme.Ich weiß auch nicht, wo sie ist. Aber ich werde nicht eher ruhen, bis ich sie gefunden habe. Ich muß sie finden. Mit dir.

 

Alleine kann man sie vielleicht nicht finden. Nur mit einem Du. Nur zu einem Du hin. Vielleicht ist sie das Du, leuchtet nur da, wo ein Du ist, nach dem man sich immer gesehnt.

 

Vielleicht zündet Liebe allein die weiße Flamme an. Oder besser gesagt, sie diese. Aber sie ist mehr als ein Feuerpfeil vom goldenen Bogen Amors.

 

Sie ist ein Funke aus einem verlorenen Paradies.

 

Ein Leuchten, das uns durchzittert, eine unbekannte Lust, eine weiße Perle, gewachsen in Jahrzehnten der Einsamkeit, in tiefen verborgenen Muscheln, eine Nähe der Haut,  eine vereiste Träne,  ein weißer Marmorsplitter eines Gottes, dessen Name und Standbild längst zertrümmert und vergessen.

 

Niemand weiß, wo die weiße Flamme ist. Niemand weiß, wo sie zu suchen. Vielleicht kann man sie auch nicht sehen. Aber man weiß, wenn sie da ist, wenn sie brennt, schenkt sie einem die Tiefe eines Du, löst sie aus aller Gespaltenheit zu einer wunderbaren Ganzheit.

 

Komm mit mir. Wir suchen die weiße Flamme.Ich weiß auch nicht, wo sie ist. Aber ich werde nicht eher ruhen, bis ich sie in deinen Augen gefunden habe und du sie in meinen Augen flackern siehst.

 

Dann ist sie zwischen uns und wir sind in ihr ganz.

 

Ein Leuchten, ein Verbrennen, ein Feuer, eine Helle, durch die wir gehen ohne zu sterben.

 

 

 
 

 

 

 

 

 

 
 

YAEL  ELYA
 zwei Silben
 vertauscht
 und miteinander in Bewegung
 im Spiel der Sinngebungen… 
 

 

 

 

 

 
 

 

 
 

 
 

 
   

 
 

 
 

   

 
 

 

 

AMAR

 

 

 

              von     

        

              Karin Roth und Friedrich G. Paff

              geschrieben im Dialog 15. – 17. März 2008

                                                  pour  Ortwin

 

 

 

 

Mein Abendgast

der du

seit jeher mit dem Schweigen nur paktierst

 

auf dessen goldner Maske

schwarz eine Fliege zuckt

 

komm zu mir

und umhüll mich ganz

mit deinem Staub

 

mit dem was du bist

wenn Sturm du nur bist

Stromboli

 

Feuer der Tiefe

unterirdisch gestaut

Insel verloren und leer

 

Wüstentier du

Hüter der Weiße

 

gespannte Stille

volles Sein

 

Geheimnis

unter dem Flügel der Engel

 

Feuerwort

Haarspitze brennend

 

prophetische Glut

 

Name du

 

 

Elya

 

Narbengewebe

 

unverbunden die Worte

Splitter noch Dorn

 

 

 

rabengleich Flug

 

durch die Netze

ausgelegter Fallen

 

aus der Asche heraus

Wirbel erloschener Buchstaben

 

die zusammengesetzt einmal waren

 

ein Wort

das verlorengegangen

 

ein Wort das wir werden

ein Wort das wir sind

ein Wort das wir waren seit je

 

wenn unsere Lippen sich finden

öffnet sich das was verschweißt

Körper und Seele zugleich

 

Funke und Flug

 

über den Aschenregen hinweg

Sonne die tanzt

 

ein weißes Segel wir sind

getragen vom schwarzen Rabenflug

 

ein unendliches Kraaa

 

lies was die Krähen uns zucken, uns zaubern

 

aus der Verstummung

aus dem Körper heraus

 

spürst du ihr Kratzen

in all den Worten

 

des Kommentars

unter dem Kommentar

 

des Punktes

der Flamme ist unter der Haut

 

wir sammeln weiße Blütenblätter

und legen in Schalen

die Nacht

 

die grüne Amaryllis erwacht

 

 

 

Und wenn die Nacht kommt

und die Schwärze

spinnengleich

langsam kriecht

an Mauern

ganz hinauf und

ganz hinab

und wenn der letzte Grund verschleiert

setz dich auf meinen Rabenflügel

und streife mich mit deinem Gegengift: der Frage

 

die eingehüllt in unsre Körper ist

ein Bann noch nicht gewendet

aus leerer dumpfer Taubnis

in die Spitze eines Halms

 

Auf deinen Rabenflügel

hab ich mich gesetzt

der du mir Namen gibst und Grund

 

 

Du Namenloser

Ungrundhafter du  der du nie verrätst

 

weil du ein Stein bist unverrückbar

Spitze eines Dorns

 

komm Mandelfalter komm

 

entschatte mich

durchglüh mich ganz

 

falt mir die Stumme

aus den Früchten deiner Zweige

 

die astlos sind und ohne Stamm

 

leg sie behutsam auf mein Federkleid

 

ein Waisenkind verloren ganz der Schrei

 

Ich falte das Schweigen

weiße Tücher

leere Netze des Nichts

 

ich falte das Schweigen

und bette

die bitteren Mandeln darin

 

öffne die Mandeln

was verschlossen war tot

 

 

 

Ja ich öffne die Mandeln

 

Himmel und Meere

Sterne und Nacht

 

öffne was erst

aus dem toten Lehm

Erde und Menschen

uns zu uns macht

 

Was darin verschlossen

war darin behütet

 

Funke und Quelle

ohne den ohne die

Leben nicht Leben sein kann

 

Was darin verschlossen

war darin behütet

 

wird immer behütet sein

wohin es zerfließt

 

du bist der Krug

dessen Scherben ich nur bin

in dir nur fließ ich ganz

Wasser des Lebens

überströmend allen Tod

 

Spür mit mir die Bitternis

spür sie ganz

bis zur ohnmächtigen Neige

sei Zunge ihr ungesüßt

 

Spür mit mir die Bitternis

Ganz lebendig, nicht tot.

Ganz gefaltet in Schweigen

spür mit mir AMAR

 

aus einem spanischen Wörterbuch

aus versunkenen Galeeren

aus Totenschädeln herausgefallen

paradiesisch ein  Funke

 

te amo

 

Was verschlossen war

Riß ganz und niemals vernarbend

Sich behausend in Leere:

Atem und Asche

 

te amo wo wir sind du und ich

ganz nur bei uns

 

es gibt kein Feuer das uns blüht

das nicht durch Asche ging

 

es gibt keinen Atem der uns ist

der nicht durch Asche ging

 

te amo ganz in der Weiße

ist unsre Behausung

 

geblendet von unendlicher Leere

 

unser Tempel das Licht der Menorah

 

ihre Flammen Feuerzungen uns

 

sie brennt zwischen den Buchstaben

 

hörst du das Knistern

 

Atem uns geht

über brennende Dornen hinweg

 

Komm Mandelfalter komm

 

verlaß mich nicht

 

durchflieg die Leere

wie ein stummes Paradies

halte mich

 

zerstoben die Funken des Feuers

ich bin in dir

nur Flamme ganz

 

überfunkel mich

mit Deinem Abendhauch

 

weiße Kohlen der Nacht

glühend

die Sterne

sie fallen

 

in die Tiefe sie fallen

in die Tiefe

zu dir aus dir

herztief zu uns

nur hinab

 

 

weiße Kohlen der Nacht

sie fallen

 

Zeugt ihre Glut für den Zeugen ?

 

unter den geschwärzten Zungen

unter den verstummten

Sterne weiße Kiesel

sie brennen den Aufschrei das Wort

aus dem Vergessen heraus

 

sie brennen den Aufschrei in den Glanz

postmoderner Sprachspiele

 

sie entglänzen den Kitt

reißen die Etikette hinweg

 

sie waschen das Wort

wieder zu dem was es war

 

Erde und Lehm

 

Atem und Funke

 

Komm Unaufgeklärter Du

 

hol mich

wo ich starr und

erstarrt schon in Stein

 

unbeweglich in Scheue

 

dein leichter Flügelhauch

dein Blick so tief

 

erlöse mich aus Fels und Wand

Komm Unbehauster Du

 

 

ja ich komme

 

durch das Dunkel zu gehen

zuzulassen die Schatten

die unsichtbar warten

auf eine Helle

die sie erst wirft

tanzend aus dem Nichts heraus

 

 

wo wir uns finden

sind die Dächer aus Luft

der Boden aus Sand

 

brennen die Felsen

im Staub einer Wüste

 

 

Ja Mandelfalter ja

wir finden uns in der Absence

verschwenderisch ist das Fehlen

dort wo

wir uns finden

 

wir schauen uns an

und blicken in eins

 

schüttet sie das Glück nur uns zu

bleib bei mir Sandschluchttier

 

in mir die Wüstenstürme

finden ihre Ruhe

 

die Feuerschlangen Ankunft

 

die Wanderdünen

ihren Halt

 

«Ich lebe, weil du dich erinnerst»

«Einhorn: du weißt um die Steine…»

«Das Buch der Fragen»

«Nach ‘Yaël’ – ‘Elya’»

 

in deinem Erinnern

bin ich die angespannte

nie ausgehauchte

Kehre des Atems

ein Yael Elya

 

die Ankunft des jetzt

 

Salamander zu sein

durch Schluchten und Engen

zu irren engelsgleich

 

einander füreinander

ineinander eins nur

so fliegen wir

zwei Flügel nur einer Seele

 

 

die verdurstet halbiert

verendet zäh

jäh zergeht

 

 

bleib bei mir

der ich ohne dich

ohne Himmel und Erde

fluglos nur bin

 

und lausche

 

hörst du das Atmen der Erde

die Schwere der Luft

die Leichtheit des Gras

 

hörst du die Schatten

sie tanzen in uns

und flechten das Glück

in die Trauer hinab

 

ich hör’ es, ich hör’ es und

hörst du das Glühen der Steine ?

 

ich hör’ es. ich hör’ es und

hör’ es wie du

 

die Krone sie brennt

aus Eisen und Feuer

die der Cherub hielt

über das Paar

 

heisere Stumme

 

komm Mandelfalter, komm

laß’ uns beschirmen den Lebensbaum

mit dem Sand deiner Flügel

 

den Lebensbaum dessen Wurzeln

so tief uns vergraben noch

 

dessen Blätter wir sind

 

ungezähmt zwischen den Lettern verbrannter Namensschilder

die aschene Krone

der Becher aus Staub und  aus Leid

wer trinkt ihn aus

dessen Lippen nicht verbrennen

 

 

verwaist der Thorazeiger

silberne Leere

die Worte verbrannt

Asche und Stumme

 

 

 

komm Mandelfalter

 

aus deiner Angst heraus

 

 

wohin nur wohin

da ist kein wohin

da ist kein woher

keinerlei wo

wenn dein Flügel

mich nicht streift

 

 

Laß’ streifen dich mit meinen Rabenfedern

stets an der Schwelle was bleibt

 

was Klippe und Gegenströmung

Wirbel und Tanz

unbeugsam uns Kraft

 

 

 

was bleibt uns denn?

 

nichts wenn du es mir nicht gibst

nichts wenn ich es dir nicht gebe

wenn wir nicht teilen Körper und Seele

die eins uns nur sind

 

 

die eins wir nicht sind

zerrissen und doch

 

sei mein Flügel

sei mein Tier

sei meine Seele

ganz dir

 

 

Stets an der Schwelle was bleibt

ist Glut

 

Feuer die Nacht

Feuer die Seele

Feuer die Haut

 

die Steine verbrennen, zerfließen

 

trink von meiner Lippe

der toten Worte nur Durst

 

Entwurzele sie, Nachttier

und bette sie

auf Mandelblüten

 

 

was sind Worte gegen deine Lippen

was sind Worte gegen deinen Blick

 

deine Stille nur

durchbebt mich ganz

 

sie nur läßt die Worte blühen

 

und das Zittern meiner Haut

ist die Seele ganz zu dir

 

 

was sich öffnet hinter allem

 

ist was wir sind

 

sind nur durch uns

 

 

Glut nur, nur Glut

zeugt für den Zeugen

 

 

entfacht die Asche

wieder zu Feuer

 

komm Mandelfalterin komm

 

lebendig wir sind

eine Flamme uns nur

 

 

 

 

 

   
 

 

   
   
   
   
   
   
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