Neue

Rheinromantik ?

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Alltags-Gezeche

 

 

 

Hat wie Victor Hugo

 

 

René Char  – das Weltkulturerbe ahnend -

 

auch den Rhein besucht gehabt  ?

 

 

Notre héritage n’est précédé

d’aucun testament. "

 

Unserer Erbschaft ist keinerlei Testament vorausgegangen.

 

 
   

 

 

Aus der Fülle

schenkt sich nur das Leben

 

aus der Leere

nur das Nichts

 

wir trinken und bechern

 

den Staub in den Sand

 

spinnengleich huschen

die Sorgen hinweg

 

alles ist Sand

nichts daß uns hält

 

auf glattem Schiefer

fällt die Sonne hin

 

an steilen Hängen

grünen Reben

 

und der Strom fließt weit

aus der Enge hier des Tals

 

 

 

 

 

Weißt du

der Mond

er fängt sich

in dem Spinnennetz

 

und schneidest du

die Fäden glatt entzwei

 

dann fällt er

in die Tiefe ganz

 

und leuchtet nimmermehr

 

 
   

 

 

Im Posthof

kräht ein Hahn

 

und Briefe

kommen nicht mehr an

 

die Kutschen

sind längst ausrangiert

 

der Wein trinkt sich

ganz unfrankiert

 

die Postillione peitschen

in die Nacht

 

gibst du nicht

auf dich Acht

 

   

 

Ein Fenster

 

erregt hier alle Sinne

 

und schaust du aus dem Fenster raus

 

siehst nichts du

 

nur die Stille

 

 
   

 

 

Die weiße Schlange

aus dem Märchen spricht

die Kronen sind hier alle tot

die Spinnen haben sie beerbt

das ganze Tal ist voll von Gold

doch niemand hebt den Schleier  auf

der auf dem Schiefer grau und silbern glänzt

und aus den  tiefen Wäldern schallt es

die Welt ist nur ein weißer Nebel

 

   

 

Stimme des Rheins

heiser und trocken

keinen Schluck Wein

keinen Schluck Wasser

durstig am Strom immerzu

in der Hitze des Sommers

ballt sich das Leben

staut sich Tal

klingelt die Kasse

schrill nur noch Masse

 

 
   

 

 

Die weißen Schiffe legen an

die Busse fahren ab

dazwischen war die Stadt

sekundenhaft ein Blick

ein Sprung zum nächsten Ziel

 

 

 

 

Auf den Bänken hier am Rhein

sitzen sie und schauen

wie der Strom fließt und

das Leben pausiert

 

 
   

 

 

In der Hitze cool

spielen manche Boule

sie heben mühsam auf die Kugeln

und werfen sie dann leichter

wieder auf den Boden

 

 

 

 

Die Kugel  Eis

bei Mimo schmilzt

sprichst du zu lange

 

darum lecken  erst die Kinder

eh sie lernen dann zu sprechen

 

 
   

 

 

Hier passiert nichts

was man nicht schon gehört

im Echo der Gassen

 

wie hält man solche Romantik

enger Gassen aus ?

 

nun ganz einfach

was man nicht hört

das passiert auch nicht

 

erst recht nicht

was sich nicht gehört

 

alles Geschehene ist nur ein Geraune

die Gassen schwitzen es aus

 

was ungehört

und ungeheuerlich

 

kann auch nicht sein

 

war einfach nicht

 

du hättest es mir  ja

sonst auch gesagt

 

   

 

sie wandern jetzt wieder mit Stöcken

die schwingen sie ganz auf und ab

 

dazwischen irgendwie sind ihre Beine

noch nicht geübt,  vierbeinig ganz zu sein

 

 
   

 

 

Auf vier Beinen lieb ich dich

nehme auch ein fünftes noch dazu

 

bist du Gram mir

geh ich nur auf Stöcken

 

bricht mir dann das Herz

fünfmal entzwei

 

 

 

 

ach du Liebste

welches Souvenir

bring ich dir mit

magst du Schnecken, Kiesel

Puppen, Ansichtskarten

Kruzifixe, Weihnachtsschmuck

oder gar das Haar

einer falschen Loreley

alles ist hier stets zu haben

Muschel, Krüge, Humpen, Bären

Schnaps und Honig, Wein und Mett

 

oder schenk ich silbern dir den Löffel

voll von Wappen und Getier

 

 

 
   

 

 

ich hab mich hier verloren

in diesem Tal aus Balken

Strom und Stein

 

ich schließ mich gänzlich ein

und niemand kommt mehr zu mir rein

 

ich hab mich hier verloren

in diesem Tal aus Enge

Schatten Schwere

 

ich seh die Wolken nur

am Himmelsrand

an Butzenscheiben kleben

 

und seh ich aus dem Fenster raus

umfängt der Wind mich ganz

 

und trägt mich zu den grünen Hängen

 

voll Reben, Leben

Schiefer, Wein

 

   

 

 

ich hab mich hier verloren

und du mußt finden mich

 

wir spielen blinde Kuh

 

 

und du sagst du und muh

 

und faßt du dann mein Herz

war’s  dann ein Scherz ?

 

 
 

 

 
 

Eckstein, Eckstein

alles muß versteckt sein

 

eins ist nicht zwei

 

und zwei ist nicht eins

 

und drei Leid immerzu

 

   

 

gestern haben sie gefunden

einen Liebesbrief der Romantik

auf einem alten Speicher versteckt

eine Flaschenpost die nie das Meer sah

 

vertrocknet waren die Herzen darin

doch als sie das alte Glas

in den Strom warfen

tanzten die Fische wilder

und die Möwen kreischten

schriller und heller dazu

 

 
   

 

 

was soll ich dir schreiben von hier

daß mein Herz blutet im Schiefer

daß Efeu meine Träume umwickelt

daß der Goldlack mir blüht auf der Zunge

daß wilde Bienen mich durchstechen

was soll ich dir schreiben von hier

daß einsam die Inseln, die Klippen unberührt

der Brombeeren so viel und ungepflückt

daß Dohlen die Nüsse aufpicken

was soll ich dir schreiben von hier

daß mein Herz blutet im Schiefer

wenn du nicht da bist

 

   

 

Die Last auf den Schultern

zu tragen

die niemand doch sieht

 

 

in die Erde

zu wachsen

brunnentief

 

 

aus dem Fels

zu schlagen

die Splitter des Leids

 

 

aus den Wolken

zu ziehen

fern das Weiß

 

 

die Helle des Monds

zu fangen

in der Schwärze der Nacht

 

 

am Ufer die Wellen

zu spüren

leise und sacht

 

 

die Trauer der Weide

zu teilen

die immer nur

biegt  sich, nie zerbricht

 

 

im alten Turm

die brennenden Bienen

und der Schatten der

einst hier sich verkroch

 

 

in den fallenden Kirschblüten

zu tanzen

die Leichtheit des Winds

 

 

im Schiefer zu tasten

die Risse und Spalten

Adern, Quarzit

 

 

im Wasser zu ahnen

die Luft ganz des Stroms

 

 

im Feuer zu grüßen

die Kraft der Flamme

die nie doch erlöscht

 

 

im Halm des Grases

zu erfassen

die Stärke des Wachstums

 

in der Distel die zähe Dauer, den Mut

 

im Nebel

zu spüren

die noch zuene Sicht

 

 

die alles bedeckt

und lichtet sich

erst in uns

 

 

durch die Blindnis

zu gehen

offenen Augs

 

 

blind durch

die Fassaden

Etikette und Worte

 

 

stumm durch

die Gräber

ganz ohne Namen

 

 

lachend durch

Prospekte, Glitzer und Glanz

 

 

im Fell des Schafs

die Wärme ganz

 

 

im Fell des Hunds

die räudige Gier

 

 

im Fell des Hasen

Schnelligkeit und Flucht

 

 

im Raureif

Frische, Kälte ganz

 

 

im Sand des Flusses

zu atmen

das Schweigen

 

 

in die Strudel

fallen zu lassen

das Licht der Sterne

 

 

auf den Klippen

tanzen zu lassen

Haare der Nixen

 

 

im Schrei des Käuzchens

das Wachen bei Nacht

 

 

im Klirren der Gläser

der helle Klang des Weins

 

 

im Bogen der Rebe

das Grünen des Schiefers

 

 

im Flug des Raben

das Erwachen der Nacht

 

 

 

eine Last auf den Flügeln

zu tragen

die keine doch ist

 

 

 

 

 
   
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