Ich
war in der weißen Stadt
frag nicht, wo sie liegt
schneebedeckt sind die Berge
gewaltig und hoch
vor
denen sie in der Ebene
unübersehbar weit sich erstreckt
verwinkelt, voller Gassen
als
du über die Brücke wolltest
an
der sie bauten, aufgerissen der Asphalt
die
letzte Strecke nur Sand
mußtestest du zurück
die
Schlangen seitwärts im Sand
die
Wächter der Brücke
schlugen nach dir
still kamen sie herangekrochen
in
dieser Stadt das weißt du
leben alle deine Geheimnisse
die
gelebten und die ungelebten Stunden
die
Institute tragen hier keine Namen
die
Pubertierenden sitzen hier auf den Geländern
sie
haben das Leben noch vor sich
in
dieser Stadt kommt man nicht an
diese Stadt verläßt man auch nicht
auch wenn man nicht weiß
wo
sie sich befindet
es
gibt keine Stadt
in
der sie nicht ist
die
weiße Stadt weißt du
ich
komme aus ihr
der
ich sie nie verlasse
immer in ihr bin
im
Schatten ihrer mauern
wuchs ich auf, ihren Fluß
hab
ich nie gesehen
ich
bin nie über die Brücke gegangen
all
meine Geschichten kehren des morgens
die
Straßenfeger hinweg
wenn mich einer fragt
wo
bist du zu Haus
was
soll ich ihm antworten
nur
in der weißen Stadt das weiß ich
hier hab ich dich zu letzt getroffen
hier traf ich ihn und ihn und sie
wir
sprachen wie wir sonst nie sprachen
wir
lebten wie es sonst kein Leben gibt
alles ist neu und selbst das ganz alte
ist
hier zugegen wie für immer verwandelt
nichts ist vorbestimmt und doch
alles kommt an, selbst die vergessenen Schritte
die
abgelegten Ängste, Schatten und das erste Tasten
bleibt das erste Tasten hier, wird nicht senil verwanzt
die
Stadtpläne wechseln täglich das stimmt
aber die Stadt bleibt was sie ist
ich
bin ein Bewohner der weißen Stadt
mein Paß lügt, egal was sie da eintragen
die
Adresse der weißen Stadt das bin ich
nur
wen ich hier treffe, dem vertraue ich
all
meine Freunde sind da, es sind nicht viele
was
macht’s, daß der tot ist, hier sind alle zugegen
und
einsam des morgens geh ich zur Brücke
hinter mir die Gassen mit ihren nächtlichen Schreien
soll ich wieder zum Fluß, durch den Sand zu den Schlangen
ich
bin ein Bewohner der weißen Stadt
niemanden kann ich es sagen
dir
kann ich es sagen
ich
komme aus der weißen Stadt
die
ich nie betrat und aus der
ich
doch nie herauskam
unter derem Schnee ich immer lebe
im
Angesicht der Schlangen
die
die Brücke bewachen
über die ich nie ging
nur
meine Füße wuchsen
immer tiefer in den Sand
Foto oben : Günter Jahn
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