Und Bacchus lebt ... nichts zu beerben |
Bilder von und um die Installation von Pedi Matthies am Tag des Festzugs |
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Forderung an das Weltkulturerbe : |
Efeu für Bacchus |
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Und Bacchus lebt
31 Elogen
zum 42. Todestag 26.10. I.
Bacchus der Gott zottelige Ziege feuerroter Mond in der Kühle der Nacht in der Feuchte der Keller ein Luftzug ein Dämon ein Dämmer die gehörnte Stirn eines Hirschs, eines Stiers die Hörner stechen in die Leere der Luft so spitz sie auch sind stumpfe Waffen gegen den Tod
Fische schwimmen durch die Pfützen
Treppenstufen führen zu verborgenen Türen
in den ausgetrocknet alten Fässern mit den verblaßten Wappen kriechen die Spinnen umher
Brennesseln verzieren die Wände
die Hand hier tastete all das Weiß
Spuren auf dem Grund traten hier in den Schlamm die Flüchtigkeit eines Schritts
niemand bleibt stehen niemand kommt hier an
ein Schiff kämpft gegen den Strom tuckert und rattert sein Motor versagt
Nebel umhüllen die Burgen und Berge
Waschbecken liegen am Boden
ein rostiger Nagel sticht sich in den Abfluß der Zeit
Tote nahmen ihr Mahl wie Lebende
wer weiß hier zu trennen
wer erwacht je aus den Armen des Bacchus der alles umschlingt lebend und sterbend zugleich
Rausch der sich stürzt in Finsternis kurz um Helle zu sein
Wagnis nur eines Augenblicks
sich zu sein
tierganz menschnah gottgleich vermessen
es sterben die Halbgötter all von Erinnyen zerrissen
zurückbleiben leere Schädel, Geweihe, Gräten und ein Widderfell auf das die Liebe einst brannte wie auf trockenes Stroh
Irrlichter zuckend Feuerflammen der Nacht
sternlos versunken in der Tiefe der Keller der Höhlen, der Gräber
unbegraben bleibt Bacchus ein Irrvogel der Luft
ein feuriger Drache
ein Rabe
durch alle Ruinen hindurch
ein Flug der Stille
die in sich aufgesogen alles Dunkle
die brennt im Weißdorn in der schwarz verfaulten Schale einer Nuß
im Strom weggesprengt sein Altar lacht Bacchus über Strudel und Sog
diese Stadt hier an der Biegung des Flusses die hahnengleich kräht touristisch welterbisch
im Herbst hier wenn alles gärt und fault Nebel überzieht die Hitze des Sommers
nasses Laub auf das Pflaster fällt
Efeu sich rankt um Fels und Stirn stiller Lorbeer des Glücks unsichtbare Lippe der Eidechse die in den Schieferspalten hier haust züngelt Bacchus hervor der fremde griechische Gott der Schlupfwinkel und Exil hier fand in der Kälte des Nordens Feuerwein hier schuf alle Gläser zerklirrend alle Fässer zersprengend eine Maus die über den Boden schnell flieht
keine Altäre mehr Kranzjungfern und dergleichen hermaphroditische Knaben lüstern Sandalenbänder zu lösen Nacktheit ist anders an leeren Theken zechen die Toten Euhoe saufen die verlorene Heimat Schluck für Schluck den Tag in die Nacht hinein
Efeu umnrankt die Träume, die Türme nicht rückwärts zu sehen der Gott mit der Leier dem Stab Persephone wartet, löscht aus alles Vergangene, Zeiten
neu gebärt sich alles stiergleich Mithraskult, Hölderlins kommender Gott " Nah ist und schwer zu fassen ... "
Feuer in der Nacht, brennende Schiffe grasscharf Zungen und Worte ausufernde Lippen
strömt es durch Körper seelenfängerisch Sterne, Blitze, Gewitter zugleich
Rätsel zu lösen nicht durch das Geheimnis zu gehen zu fliegen, schwimmen, tauchen rettungslos ohne Kondome Bacchus trägt keine Kondome bunte Luftballons der Bordelle, Apotheken
Haut sich sein ganz unentrinnbar dem Unzertrennlichen
aus dem Keller gehen Schritte leere Masken weiß voll Weinhefe ohne Gedächtnis
auf den schweigenden Lippen nur der feuerrote Staub eines griechischen Gottes
Atem der ganz Tod und Himmel durchdrang
Wir fliegen durch die Nacht
rabengleich
überqueren wir Meere und Abfallhalden
uns grüßt eine grünäugige Schlange
die an einem abgehauenen Marmorkopf
sich häutet dem Morgen der Sonne zu
II.
Der König der Rosen der Stachel und Splitter des Weins und der sinkenden Schiffe der sturmgepeitschten fliehend fliegenden Wolken Der König der Dohlen und Raben der fischezuckenden Wellen der roten D- Züge der Feuerschlangen am Berg Der König verlassener Burgen zugewachsenen Stufen Der König der alten Schwerter geschmiedet gestählt verrostet im Boden vergraben Der König der Brunnen und Tore alter Gewölbe und Türme Der König des Goldlacks, des Efeus moosumwachsener Mauern Der König der Quellen und Felsen aus knorrigen Wurzeln seine Krone tausend Rebstöcke sein Szepter eine feurige Flamme spaziert er die Hänge hinauf und hinab
III.
Ich bin die Biene die tief in deiner Seele schwirrt ich bin der Honig auf und unter deiner Haut
der Wespenstich der nicht mehr weiß
wen er denn sticht wenn er dich und mich
zu einem Gotte einer Göttin schmilzt
IV.
Über Teppiche gehen blutrot zertretener Tollkirschen von Kinderhände grasgeflochtene Matten gestreute Veilchen Prozessionsblumen wer glaubt daß die Sieben Jungfrauen Felsen sind versteinerte Wünsche flüssige Begierden Dalis blaues Salz das allen Honig durchdringt
sie klatschten die Katalanen als man seinen Leichnam zur Erde hinfuhr so krönt sich ein Leben
V.
Die Hufen von Friedhofserde schwer stampfen gegen die Wände zerbrettern die Tünche
Kultur ein Schnauben nur
gegen die Lauheit
die Glaspaläste erzittern
der Atem stockt und gefriert
VI.
Der Schattenmann aus der Hose heraus
zieht er ein rotes Tuch
und winkt und winkt
den wegziehenden Schwänen zu
VII.
Hinter sich gelassen all das was nur belastet und schwer
verhindert die Sicht
der Tritt in den Abgrund hinein
wo sich öffnen die Flügel der Engel
VIII.
Die Träne des Bacchus in modernden Fässern gereift
Auge aus glasklarer Sicht
in allen Begierden von apollinischer Sonne durchdrungen
flechtet Efeu und Lorbeer sich zur Zartheit weidener Zunge
Tropfen der Trauer der Lust
auf glühende Kohlen
verzischt
IX.
Der Gott der Musen ist nicht museal
der Gott der Liebe nicht bezifferbar
Romantik ist ein Feuer ohne Etikett
Nähe die aus Unsagbarem nur springt
die Welt ist stets zu Ende wer sich öffnet ihr
und unaustauschbar dieser Ort und dieses Hier
im Weltkulturerbe der Riß nur das ist Atem hier in diesem Strom und Tal
Bacchus schält die faulen Häute alle Schleier, Fahnen und Gespinste
nackt hin zum grünen Traubenkern
zur knorzigen Wurzel
in der Glätte des Schiefers der weiße Quarzkristall der feuerrot tanzt
im Fachwerk der Balken der knirscht, krächzt und sich spreizt
die Gegenströmung in allem Verschleiß
das kurze helle Zittern ehe der Tag erwacht
aus der Nacht heraus fischen was sich spiegelt im Auge der Loreley verloren zerrisssene Haare gehäutete Fische
Netze zu werfen über die Klippen
und zu fangen den Tau eines fernen Gottes
der ruderlos treibt das Glück durch alle Häute hindurch
wir alle sind Schiffe ankerlos
und der Rabe dort in seinem Schnabel
trägt er das Ufer
grasweit uns fort
der Strom ist stets hier und doch fernste Quelle fern ein hinein zu mündendes Meer
Sonne gekeltert Trauben zermatscht
auf naßkaltem Schiefer
tanzen die Wespen
bacchantische Schwärme dionysische Mysten
X.
Da kommt er der einsame Mann aus dem Meer flußaufwärts berghin wachsen die Reben der alte Kelte der griechische Gott er pflanzt hier die Städte wie Schwalbennester eng an den Fels aus den Burgen heraus zieht er die Ritter und speist sie wie kleine Garnelen Riesenspielzeug an jedem seiner Finger die Kronen der Grafen und Könige hier die Kirchen ein Amulett Armbänder die steinernen Mauern zieht er das Schwert aus nibelungischer Tiefe lacht über den Wagnerklang und schärft am Mond seine Sichel unbewaffnet trottet er den tanzend rasenden Mänaden hinterher alles was je er geschaffen wirft ab er von sich im Reigen der Lust gilt was den Tod nur durchschritten armselig bettelt und winselt er der Gott der Fülle, des Rauschs
der Gott früher Fluren römisch verblaßter Schatten heftet das Weltvermarktungserbe sich an seinen dicken fetten rheinlandpfälzischen Bauch
XI.
Es gibt ihn nicht den Wächter des Stroms der wacht wenn die Netze geworfen werden die alles verblenden Toteninseln, Utopien Revolutionen, Kaiserreiche Legenden, Mythen Vermarktungsstrategien Glanzbildprospekte lupenrein einer Welt in der nichts mehr zu erben ausgehöhlt alle Kultur zum Abziehbild geworden Natur
Atem genommen dem Fels
XII.
Heimatlos ist Bacchus der Gott jeden Exils
kurz pißt er nur an den Ecken
wenn fremde Sonnen es trocknen
ist er schon vorrübergeeilt
unstillbar sein Durst sucht er in allem die Nähe
und findet im Abseits ein Du
aus den Entmündigungen heraus ist er das Lachen nie zu bezähmender Lippe
XIII.
Das dunkle Schweigen auf dem Grunde des Flusses wo das Gold sich wäscht aus den Strudeln heraus Richtung des Stroms Gegenrichtung in der Ankunft Ferne und Nähe zugleich Mündung und Quelle felsiger Wellenschlag
XIV.
Auf den gesprengten Felsen Echo noch eines Opfers Weihe an ihn Trauben dem Flußgott hingegeben Wein und Feuer gesprengt glühende Kohlen Rauch steigt hoch Nebel bedeckt die herbstlichen Wälder kalt stehen die Wingertspfähl schwarz fröstelnd im Regen
XV.
Der dunkle Gott der stets in Höhlen sich gebar aus seinen Fingern fließt die Loreley ihr Haar das einst Brentanos Lippe leicht gestreift wellenartig seilen die Höhen sich hinab jahrhundertelang so abgewaschen vom Strom
XVI.
Hugo zeichnete brennende Burgen glühende Hieroglyphen Heine schneidet in den Fels sirenhaft glitzerndes Lachen Weinen eines verfolgten Volks
Die schöne Sarah sie kehrt nie zurück der Rabbi der entfloh aus seinem Herzen wuchs die Thora neu die alten Schatten wuchern noch am Fels und deine Hand sie tastet Schreie nie geschrieene und unsre Füße barfuß treten in die Spur
XVII.
Der Irre den sie kalt vergast in seinen letzten Schritten nur Schreck und Angst ein schlimmes Wissen flieg Rabe Bacchus du in seinen Rauch ein feuerrotes Amarylisblütenblatt in seine Asche leg ein weißes Vogelei das heiligt seinen Staub
XVIII.
Ameisen kriechen unter den dunklen Blättern Feuerstäbe erhellen die Nacht tief versenkt hab ich den Stern in die Tiefe deines Schoßs, deines Schlafs alle Raben hab ich geschlachtet ihre Schreie fliegen umher Schlehe und Weißdorn umwuchern den Pfad komm, komm mit mir die Jakobsleiter, die Stiege hinab
XIX.
Die Nacht wächst aus uns sie ufert uns zu mit fremden Federn
aus deiner Haut fallen Steine die begraben mein Herz
für immer dir zu
XX.
Den Efeukranz den Lorbeerkranz den Rosenkranz
kalt grüne Blätter feurig rote Blüten
für immer hat er getauscht
der Gott die Krone blutenden Haupts
aus Distel und Dorn
XXI.
Ein Fährmann er mit einem Schiff aus Rausch und Helle
nachthin ein weißes Segel brennesseldurchzuckt
er hält das Totenruder still und fest
XXII.
Im Staub der zertrümmerten Götter die Ankunft eines hellen Tags den Marmorsplitter auf der Zunge aus dem Schweigen heraus die Nähe die Gabe ist
XXIII.
Aus dem Gedröhn und Geplärre Gelaber, Gedusel Feilschen heraus
Kreischen einer rostigen Säge
die Feuer legt
in die aalglatten Worte
XXIV.
Und alles ist nur Insel ihm
fernes Gestade Strand eines noch
aus dem Meer sich erhebenden Lands
unbetreten stets wie neu die Pfade
alles wird wieder Anfang der Schöpfung
Atem ist nur
wo der erste Tag lacht
mitten ins Herz dir seine unvergängliche Frische
die alles anstieß
XXV.
Sie stellen Kerzen auf den Boden statt Fackeln in der Hand sie selbst sind tanzend Schritte der Weg der feurig bahnt sich seine Spur durch Stein und Fels
XXVI.
Am Ufer ein Nachen es liegt ein toter Gott darin
die Ruder an Land gezogen über Kreuz gelegt
eine alte Frau wäscht ein Linnen
das zeigt was selten ist ein Gesicht
dornenbekrönt
Blut und Wein wäscht sie
aus dem Linnen heraus wringt es
Blut und Wein nässen, weihen den Strom
XXVII.
Der Gott in dessen Augen alle starben
der Gott in dessen Augen alle Leben wurden
taub ist er den Hymnen und Sprüchen
zärtlich hält er in der Hand
ein dünnschalenhäutiges Vogelei
XXVIII.
Über der Toteninsel die Schwere der Luft
fischwärts die Felsen der Nacht
weiße Leinwand ist alles Tötung von Buchstab und Bild
Brancusis Schlangenvogel ein Gedanke ein Flugton
glasklar eine Stimme des Weltalls
XXIX.
Und jener Kuß aus Stein in dem die Welten brennen zu dir und mir so ganz hinab
feurige Steine glühende Asche Rabenflügel
brennender Dornbusch wir sind
XXX.
Umarm mit mir die Stille
daß nie uns trennt ein Schweigen
falle hinab in die Tiefe des Dorns
XXXI.
Den Regenmantel hochgekrempelt
die Zigarre ausgeglüht noch in der Hand
von Pfütze zu Pfütze durchwandert das Leben
etwas vom Feuer das nie du gekannt nur geritzt
was immer auch kommt unbeugsam dein Schritt
was immer auch kommt Olé und gespuckt
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